Friederike Becht Über Hamster und blöde Fototermine

Friederike Becht
Friederike Becht

Mai 2017 Henrichshütte in Hattingen Friederike Becht bringt ihre kleine Tochter mit zum Shooting.  Die Kleine schläft auf dem Arm von Luna, der Visagistin. Wir haben Zeit zu knipsen bis sie wieder wach wird.

M  Du hast ja Achselhaare. Warum?

F  Wegen einer Rolle, ich spiele in einem Film die erste Frau von Bert Brecht.

M  Hannah Schygulla hat mal erzählt, wie ihre Achselhaare auf Hollywood gewirkt haben. Sie sagte, die Menschen haben sie angeschaut als habe sie sich zwei Hamster unter die Arme geklemmt.

F   Hamster? (lacht) Es fühlt sich komisch an dort Haare zu haben, man gewöhnt sich so ans Rasieren. Es ist gesellschaftlich so eingeübt. Man glaubt fast, Haare seien ekelig. Es fühlt sich fast natürlicher an, rasiert zu sein. Ich hatte  schon einmal für einen Film wachsen lassen und nach den 6 Wochen Dreharbeiten, war es ungewohnt wieder zu rasieren. Ich war fast ein wenig traurig.

Friederike Becht

M  Inzwischen machen das ja auch die Männer.  Ich war mal bei Profifussballern in der Kabine und sie waren bis auf einen alle komplett rasiert. Und der bekam dann einen fiesen Spitznamen.  Lässt du dich gerne fotografieren?

F  Eigentlich schon, aber neulich hatte ich ein ganz übles Shooting mit einem Kollegen von dir. Der Fotograf war sehr hektisch und hat mir eine Anweisung nach der anderen um die Ohren gehauen. Da blieb gar keine Zeit zum durchatmen und einfach im Moment sein, schon wollte er wieder eine nächste „Pose“. Das war furchtbar. Eine halbe Stunde später war ein anderer Fotograf da und es war völlig anders. Da war eine Resonanz, ein Interesse, ein Zusammenspiel. Wenn ich mir keine Zeit nehme, dann lass ich es doch lieber ganz.

M  Es gibt aber auch Menschen, die sind froh, wenn sie nur zehn Minuten fotografiert werden. Jim Rakete zum Beispiel ist ein ganz schneller Fotograf.  Das war schwierig für uns Assistenten, er ist ein reiner Bauchfotograf.  Man muss immer ahnen, was er als nächstes vorhat. Wenn nicht, ist er sehr ungehalten.

F  Ok, aber in den zehn Minuten baut er sicher eine Beziehung zu den Menschen auf, die er fotografiert. Findet etwas, was ihn reizt festzuhalten. Bei dem Kollegen neulich hatte ich das Gefühl, ihm ist egal was oder wen er fotografiert.

M  Ich finde, Fotografie ist Kommunikation, wir machen das ja hier nicht nur für uns, sondern für die Betrachter. Und die sollen sehen und spüren können, was uns gemeinsam bei den Aufnahmen passiert ist, was da abgelaufen ist und wir wir das entwickelt haben. Da gehören übrigens zwei dazu. Ich habe einmal Anne Tismer (Schauspielerin und Performancekünstlerin) fotografiert, da hätte ich eigentlich nach dem ersten Bild aufhören können zu knipsen, die hat ihr Gesicht überhaupt nicht bewegt.  

F Mmmmmm…

M Ja, aber sie wollte es so, total neutral. Sozusagen ein Repro vom Gesicht. Übrigens wäre sie einmal fast auf der Bühne erschossen worden.

F Aha, wieso?

Sie hatte mit ihrem Freund Schluss gemacht und sich einen anderen, einen jungen Schauspieler geschnappt.  Der Ex ist wütend zu Leander Hausmann ( ehemaliger Intendant des Bochumer Schauspielhauses) gerannt und hat gedroht, die beiden auf offener Bühne zu erschiessen. Die haben ihm das wohl zugetraut und den  Abend abgesagt.

F War das ein Schauspieler?

Nee, ich glaube es war ein Dramaturg. In eurem Ensemble, da würde niemand morden, oder?

F  Kann ich mir nicht vorstellen, dass da einer  morden würde. Aber weiß man´s ?

Friederike Becht

M  Du hast dich einmal auf der Bühne verletzt.

F Oh ja. Bei der Kleinen Hexe. Da gab es einen Hexenritt auf dem Besen. dabei bin ich in die Kulisse gekracht. Ich habe mir zwei Rippen gebrochen und das Schlüsselbein geprellt. Besonders die Prellung tat höllisch weh. Ich war sogar kurz ohnmächtig. Als ich wieder wach geworden bin, hing ich immer noch in der Luft. Da habe ich geschrien. Dann haben sie den Vorhang zugezogen und eine Ansage gemacht. Ich sah nur verschwommen, wie Anselm ( Anselm Weber, damals Intendant am Bochumer Schauspielhaus) angerannt kam und dann die Köpfe der Sanitäter über mir. Und dann war ich relativ schnell im Krankenhaus.

M  Weisst du, was genau passiert ist? 

F  Ich war sehr müde an dem Tag. Es war  schon die zweite Vorstellung. In der Szene fliegt die kleine Hexe zum ersten Mal auf ihrem neuen Besen und der ist noch wild und saust wohin er will. Das wollte ich natürlich mit viel Action spielen und habe mich da, wie jedes mal, mit viel Tempo einmal über die Bühne ziehen lassen. So geht das: Man hängt im Fluggeschirr und wird vom Bühnentechniker, der an einer Maschine steht, über die Bühne gezogen. Naja, ich hatte zuviel Schwung , die Seile haben sich ineinander verheddert und ich kam nicht mehr, wie eigentlich inszeniert, zurück auf die Bühne. Ich hing da oben an der Seitenbühne und wollte wieder raus und weiterspielen. Ich hab versucht mich loszumachen und in dem Moment hat der Mensch am anderen Ende des Seils für einen kurzen Moment die Seile unkontrolliert gelassen, weil er zu mir kam um zu sehen was passiert ist und, tja, genau da hab ich mich frei gekriegt und bin unkontrolliert ins Bühnenbild gekracht. So schnell wird das aber nicht mehr passieren, das Haus hat Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt und dafür gesorgt, das die Seile sich nicht mehr verheddern können. Ich bin danach auch noch etliche Male im Fluggeschirr über die Bühne geflogen!

M  Haben die Kinder das gesehen?

F  Klar, haben die Kinder das gesehen. Ich habe danach ganz viele Briefe bekommen. Und nachdem es mir wieder gut ging, habe ich dann eine der Schulklassen besucht. Um zu zeigen: Der kleinen Hexe gehts wieder gut.

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M  In Wien hat sich ja einmal ein Schauspieler bei einer Selbstmordszene in den Hals geschnitten. Das Messer war vertauscht, es sollte eigentlich nicht scharf sein. Würdest du so etwas kontrollieren vor dem Auftritt?

F  Es hat sich ja auch schon einmal jemand auf der Bühne beim Erhängenspielen erdrosselt. Furchtbar. Ich kontrolliere meine Requisiten eigentlich immer vor Beginn der Vorstellung. Einfach um sicher zu gehen, dass alles da ist, wo ich es brauche. Und ich kenne ja auch die Requisiten, mit denen ich spiele. Dennoch vertraue ich den Requisiteuren, wo kommen wir denn sonst hin.

 

Danke an Luna die Visagistin:   https://www.instagram.com/lunamarisol.maske/

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