Sarah Henke Wurzeln Ehrgeiz Ungeduld

November in Andernach. Der zweite Lockdown hat gerade begonnen. Sarah Henke schließt ihr Restaurant YOSO nur für uns auf.

M Ich war mal fast bei dir essen, leider war Ruhetag. Wir waren auf einer Radtour in den Hunsrück und da sind wir hier in Andernach vorbei gekommen. Wir waren dann eine Tür weiter im Ai Pero. Ich fand das toll. Die hatten gerade erst wieder eine Woche auf. Ich hatte das Gefühl, dass die total Bock hatten, wieder zu kochen. Da kamen vor der Vorspeise sieben Grüße aus der Küche.

S Das ist sehr viel.

M Ich habe gedacht, sie wollten vielleicht Dinge für eine neue Karte testen oder Abläufe wieder einüben.

S Nein, das glaube ich nicht. Das ist seine Art (Anm. Nicholas Hahn, Küchenchef im Ai Pero). Bei uns gibt es weniger Grüße. Da hat jeder Koch seinen eigenen Stil.

M Wie bist du ans Kochen geraten?

S Ich bin in einem ehemaligen Forsthaus groß geworden und hatte immer mit Lebensmitteln zu tun. Wir haben selbst geschlachtet. Mein Abidurchschnitt war nicht gut genug, um direkt Tiermedizin studieren zu können. Da habe ich dann drei Jahre ganz klassisch Köchin gelernt. Ich habe in einem Restaurant gelernt, das war keine Gourmetküche aber bei uns in der Region schon das beste.

M War dir damals schon klar, dass du später auf diesem Niveau möchtest?

S Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch, das war ich auch damals.  Ich möchte immer gerne zu den Besten gehören. Damals, während der Ausbildung war es mir nicht so klar, dass man sich Sterne erkochen kann und dass es diese ganzen Bewertungen gibt. Damit  habe ich  mich erst nach der Ausbildung beschäftigt. Ein Stern ist eine tolle Anerkennung.

M Muss man sich hochkochen, bis man seinen eigenen Stern hat?

S Auf jeden Fall. Man muss viele verschiedene Küchen gesehen haben. Aus meiner Sicht muss man mindestens ein Jahr in einer Küche bleiben um zu verstehen, welche Philosophie der Küchenchef kocht, was er auf den Teller bringt und was er beim Gast erzielen möchte.

M Warum ein Jahr?

S Man braucht eine bestimmte Zeit, bis man überhaupt ins Team reinkommt. Dann sollte man auch mindestens an zwei Posten gekocht haben um zu lernen und sicher zu werden. In dem einen Jahr kann man auch sehen, ob sich der Küchenchef den Jahreszeiten anpasst oder ob es eine Küche ist, die immer dasselbe auf den Teller bringt und es vielleicht an Kreativität mangelt.

M Du hast auch in Dreisternerestaurants gearbeitet?

S Im Aqua in Wolfsburg bei Sven Elverfeld.

M Ist es wichtig, dass man solche Stationen hatte?

S In meiner Entwicklung hätte etwas gefehlt, wenn ich nicht da gewesen wäre. Aber das muss sicher jeder für sich entscheiden, was sein eigenes persönliches Ziel ist. Wenn man selbst mal Sterne erkochen möchte, sollte man auf jeden Fall in Sternerestaurants gearbeitet haben. Aber wenn man nur lecker kochen will, muss es nicht unbedingt das Sternerestaurant gewesen sein. Es gibt ja inzwischen so viele interessante neue Konzepte, die nichts mit Sternen zu tun haben. Und auch dort wird mit Herz und Leidenschaft und superlecker gekocht. Mein Mann Christian ( Anm. Christian Eckhardt, Küchenchef im Zweisternerestaurant Purs) ist auch Koch und wir gehen gerne in nichtbesternte Restaurants, weil wir oft das Gefühl haben, dass man da mehr Spass haben kann als in den sehr hochdekorierten.

M Es gibt eine Journalistin, Verena Lugert, die hat, mit fast vierzig Jahren in London eine Kochausbildung begonnen und dann, als eher ältere Jungköchin in einem Restaurant von Gordon Ramsey gearbeitet. Sie hat über ihre erfahrungen ein Buch geschrieben, das kann ich nur empfehlen. Es heißt“ Die Irren mit dem Messer“ Ist da was dran?

S Es gibt sicherlich ziemlich viele Irre in der Küche. Ich hatte rückblickend das Glück, immer für Chefs gearbeitet zu haben, bei denen es menschlich zuging. Das waren zwar hochdekorierte Köche, aber sie haben nie vergessen, dass sie die Mitarbeiter brauchen und sie deshalb fair behandeln müssen. Dass man ein Team braucht, um an sein Ziel zu gelangen. Aber ich kenne auch ein paar Kandidaten, zumeist Männer, die denken, ich bin der Geilste, ich bin der Beste und ihr anderen könnt alle nix.

M Ich habe mal Thomas Bühner vom La Vie fotografiert, übrigens auch einer der sehr freundlichen und entspannten Dreisterneköche. Der hat schlimme Sachen von seiner Ausbildung erzählt, dass dort in einer Tour geschrien und auch geschlagen wurde.

S Ich denke, es hat sich im Vergleich zu Thomas` Lehrzeit sehr viel geändert. Die Arbeitszeiten sind anders, die Mitarbeiter lassen sich nicht mehr ausbeuten, wie damals. Es gibt inzwischen viel mehr tolle Restaurants, daher hast du als junger Koch eine viele größere Auswahl an interessanten Jobs. Vor zehn oder fünfzehn Jahren gab es nur eine Handvoll guter Küchen und da wollte jeder hin. Damals konnten die Küchenchefs sagen, deine Nase gefällt mir nicht, du bist raus. Jetzt muss man froh sein, wenn man gute Bewerbungen bekommt. Man sagt, schön, dass du da bist, wir hegen und pflegen dich jetzt.

M Warum gibt es so wenig Frauen in der Sternegastronomie?

S Ich denke, das ist genau wie in anderen Branchen, wenn weniger Frauen den Beruf ergreifen, werden auch weniger erfolgreich sein. Dazu kommt sicher die körperliche Anstrengung und die schlechten Arbeitszeiten, abends und am Wochenende. Koch ist nicht der familienfreundlichste Beruf.

M Aber die Männer haben doch auch Familien.

S Wahrscheinlich bleiben da dann die Frauen zu Hause und passen auf die Kinder auf.

M Bei uns zu Hause koche ich schon seit 25 Jahren täglich. Meine Frau arbeitet immer sehr lange und kommt spät nach Hause. Mir ist es total wichtig, dass dann leckeres Essen auf dem Tisch steht.

S Da bist du sicher die Ausnahme.

M Dein Werdegang ist nicht klassisch, du hast Abitur gemacht und wolltest Medizin studieren. Früher sind die Jungs mit vierzehn oder fünfzehn in die Lehre gegangen. Sind Köche inzwischen alles Abiturienten? 

S Das glaube ich nicht, aber vielleicht geht es in diese Richtung. Inzwischen arbeiten drei Quereinsteiger bei mir im YOSO . Einer ist 27 und fängt im Januar an. Alle hatten gerade zu Ende studiert oder abgebrochen und wollten noch einmal eine Ausbildung als Koch anfangen, weil ihnen die studierten Berufe dann doch nicht gefielen. Ihre Jobs waren ihnen nicht kreativ genug und sie haben zu wenig Feedback bekommen. Das finde ich toll am Kochen, man geht zu den Gästen und sieht das Strahlen in den Augen. Das macht mir total Freude.

M Und man hat sein Resultat direkt auf dem Teller, man bereitet vor und am Abend ist dann alles fertig. Mir geht es ähnlich, ich fotografiere und sehe dann die Resultate direkt am Rechner, ich hätte nie im Leben die Geduld, fünf Jahre aus Ergebnisse zu warten.

S Das kenne ich von mir auch. Winzer ist sicher ein toller Beruf, aber der wäre nichts für mich. Man erntet, macht und tut und arbeitet und muss dann zwei Jahre warten, bis man probieren kann.

M Glaubst du, man muss als Koch oder Köchin besessen sein, um auf dein Niveau zu kommen? Muss man ein wenig manisch sein?

S Schwierige Frage, ich würde nicht sagen, dass ich eine besessene Köchin bin, aber ich koche sehr mit mit dem Herzen. Ich kenne aber Kollegen, die noch ganz andere Dinge auf den Teller bringen und ihre Ideen noch extremer umsetzen. Das sind sehr eigene Charaktere, vielleicht auch etwas verrückt.

M Von Tim Raue gibt es doch Geschichten, dass er sich krank am Herd festgebunden hat um nicht umzufallen. Würdest du, natürlich nicht in Coronazeiten, mit Fieber arbeiten?

S (lacht) Tim Raue ist eine sehr starke Persönlichkeit. Zum Glück bin ich nicht oft krank, mit einem kleinen Schnupfen würde ich wohl arbeiten, aber wenn ich 40 Fieber hätte würde ich zuhause bleiben. Da geht mir meine Gesundheit vor.

M Im Prinzip muss es ja auch mal einen Abend ohne dich laufen.

S Ja genau, das sollte mein Ziel sein. Mein Team kann das auch ohne mich. Für die Gäste ist es natürlich schön, wenn ich da bin und an die Tische gehe sie begrüße. Dann ist der Abend sicher ein noch schöneres Erlebnis, als wenn sie wüssten, Sarah Henke ist gar nicht in der Küche.

M Aber die Qualität muss dieselbe sein.

S Ja klar und da vertraue ich meinem Team hundertprozentig. Ich würde sogar sagen, dass sie ohne mich vielleicht noch einen Ticken besser sind, weil dann jeder mehr Verantwortung übernimmt.

M Du hast ein Buch über Korea und die koreanische Küche gemacht?

S Ja, 2018 war das. Der Christian Verlag ist auf mich zugekommen und hat mich gefragt, ob ich zwei Wochen durch Korea reisen möchte. Sie wollten, dass ich mein Heimatland entdecke und etwas über die Küche dort mache. Ich bin in Korea geboren aber schon mit anderthalb Jahren in Deutschland adoptiert worden. Ich bin mit einem Fotografen zwei Wochen durch das Land gefahren, wir waren auf Märkten und in Restaurants, haben ganz viel gegessen und probiert.

M Du bist in der Nähe von Göttingen aufgewachsen, im Forsthaus, das klingt total deutsch.  War dir Korea sehr nicht fremd?

S Wenn ich nicht in den Spiegel schaue, sehe ich mich nicht selbst. Daher fühle ich mich total deutsch. Ich spreche deutsch, ich denke deutsch. Ich bin oft gefragt worden, warum ich nicht schon viel früher in Korea war. Ich glaube, ich hatte Angst, dass ich dort eine Fremde sein könnte. Der Schlüsselmoment auf der Reise war für mich, als ich am Flughafen in Seoul auf Koreanisch angesprochen wurde. Das war schön, ich konnte zwar nicht antworten, aber ich war eine von ihnen. Mir hat die Reise gut getan, ich fühle mich jetzt zwar nicht als Koreanerin, aber ich habe gemerkt, dass doch Teile von mir koreanisch sind. Nicht alles dort war mir so fremd wie dem Fotografen.

M In dem Buch ist die Begegnung mit der kochenden Mönchin beschrieben. 

S Das war das Beeindruckenste auf der Reise. Da hatte ich zuerst gar nicht mit gerechnet. Auf meinem Reiseplan stand nur, Besuch in einem Kloster und eine Kochstunde mit einer Mönchin. Ich habe  mir sie sehr unnahbar und überhöht vorgestellt. So als würde sie über dem Boden schweben. Aber sie war ganz anders, sehr menschlich, sehr herzlich und auch sehr lustig. Wir sind zusammen im Wald rumgekraxelt und haben Pilze gesammelt und irgendwelche Sachen von den Bäumen gepflückt. Unser Glück war, dass das Wasser abgestellt war, so hatten wir mehr Zeit mit ihr, weil sie andere Dinge nicht tun konnte. Sie lief mit dem Handy rum und hat versucht jemanden zu bekommen, der das Wasser repariert. Sie hat ziemlich rumgemotzt am Telefon.

M Also nicht gerade buddhistisch entspannt?

S Sagen wir, sie war sehr energisch. (lacht)

M Kam sie dir vor wie eine Kollegin?

S Nein, eigentlich nicht. Mit ihrer Tempelküche geht sie ganz anders ans Kochen heran als wir Westeuropäer. Sie kocht nach buddhistischen Lehren, ausschließlich vegetarisch und sie benutzt nur Dinge, die dort im Wald zu finden sind. Und es gibt Zutaten, die unerwünscht sind, weil sie den inneren Frieden stören könnten.

M Machst du hier Erfahrungen von Rassismus, oder hast du früher welche gemacht?

S Glücklicherweise nicht, klar als Kind bin ich immer mal von anderen Kindern als Schlitzauge beschimpft worden. Was jetzt manchmal passiert, wenn ich zu Leuten an den Tisch komme, ist dass sie mir sagen, sie sprechen aber gut deutsch. (lacht)  Klar, wenn sie mich sehen, rechnen sie damit, dass ich nur gebrochen Deutsch spreche.

M Ich stelle mir vor, dass schwarze Männer da größere Probleme haben.

S Das kann schon sein. Ich kann mich auf jeden Fall an nichts Schwerwiegendes erinnern. Ähnlich geht es mir mit dem Thema Frau und Mann in der Küche und ob es die Frauen dort schwerer haben. Ich habe immer in Küchen gearbeitet, in denen auch andere Frauen gekocht haben. Wenn es da Konflikte gab, lag es eher am Charakter, als am Geschlecht. Es gibt halt Frauen mit denen ist es schwer zu arbeiten. Es gibt natürlich auch Köche mit denen es schwer ist zu arbeiten. (lacht)

M Es gibt auch schwierige Fotografen. Ich habe in Berlin und Paris viele Jahre assistiert und damals viele Fotografen kennengelernt. Wir haben eben über manisches Arbeiten gesprochen, an meinem ersten Arbeitstag bei Jim Rakete, bin ich morgens um neun ins Studio gekommen und bin am nächsten Tag um zwölf wieder nach Hause. Solange haben wir durchgearbeitet. Ich fand das toll und habe sogar gedacht, endlich mal einer der Fotografie ernst nimmt.

S Ich denke, das läuft in jeder Branche ähnlich, wenn man ein bestimmtes Level erreichen will, muss man einfach mehr Einsatz zeigen.

M Ja klar, aber das ganze muss doch auch eine Grenze haben und diese Grenze habe ich damals nicht spüren können. Ich fand das richtig gut, so zu arbeiten. Ich hatte mal einen Job in Korea. Ich bin dahin, habe drei Tage geknipst und bin dann sofort wieder zurück. Nach fünf Tagen war ich schon wieder zuhause. Ich habe in der ganzen Zeit wegen dem Jetlag praktisch nicht geschlafen. Ich erinnere mich, ich habe in Pusan nachts im Hotel im 50. Stockwerk  „Lola rennt“ mit koreanischen Untertiteln gesehen. Ich habe mich grauenhaft gefühlt, ich habe die Reise überhaupt nicht genießen können. Du hast dir mehr Zeit genommen?

S Genau, wir waren zuerst sechs Nächte in Seoul und sind dann durchs Land gereist. Die Kulinarik stand im Vordergrund. Wir haben viele Märkte besucht und im Strassenimbiss gegessen. Wir waren in Restaurants, auch in Sternerestaurants.

M Hast du vorher schon asiatisch gekocht?

S Ja, aber ich habe erst spät angefangen damit, 2011 in Sylt im Spices. Dort war das Konzept, asiatisch zu kochen. Als sie mich angeheuert haben, haben  sie sicher gedacht, die sieht so aus, die kann das. Aber eigentlich war das ein Klischee. Vorher habe ich alles mögliche gekocht, nur nie asiatisch. Ich musste mich da erst reinlesen. (lacht)

M  Wenn man ein wenig drüber nachdenkt, ist das ja auch schon eine leichte Form von Rassismus., wenn auch positiv gemeint.

S Auf jeden Fall war es ein Vorurteil. Aber inzwischen könnte ich mir gar nicht mehr vorstellen , etwas anderes zu machen. Und mir persönlich schmeckte die asiatische Küche ja immer sehr gut.

M Das heißt, du hast vorher immer viel asiatisch gegessen, nur halt nicht selber gekocht.

S Genau, ich wusste also schon sehr genau, wie es schmecken soll.

M Ich koche gerade häufiger japanisch, gibt es große Unterschiede zur koreanischen Küche?

S Da gibt es sehr große Unterschiede. Die japanische Küche ist sehr puristisch, es kommt sehr auf die Produktqualität an und alles ist sehr ästhetisch. In Korea wird sehr viel fermentiert oder mariniert. Man arbeitet mit kräftigen Gewürzen. Das ist in Japan gar nicht der Fall, dort ist die Küche fast mild. Schärfe spielt in Korea ein große Rolle, die hat man in Japan nur ganz wenig.

M Diese Geschichte, dass sich in Deutschland im Sushirestaurant alle Wasabi in Sojasauce auflösen ist doch eigentlich eine Unsitte, oder? Gebt ihr da Tips?

S Ja, das hat sich hier eingebürgert. (lacht) Wir machen hier auch Sushi, aber wir schreiben den Gästen nicht vor, wie sie es essen sollen. Wenn jemand fragt, erklären wir das. Letzten Endes kommt es darauf an, dass es dem Gast bei uns gefällt und wenn er das Wasabi in der Sauce auflösen will, soll er das tun.

M In Bochum gibt es ein tolles japanisches Restaurant, die sagen einem das schon. Die schlagen sogar eine Reihenfolge vor, in der man die Sushis essen sollte.

S Das macht Sinn, wenn die Aromen von Sushi zu Sushi immer stärker werden. Meinst du das das Takeshi?

M Genau, der Koch vom Takeshi hat einen deutschen Vater und eine japanische Mutter, oder umgekehrt. Angefangen hat er mal mit einem Konzept, da hat er japanische Hausmannskost gekocht. Wie kommt es, dass du so viele Restaurants kennst, ich meine das Takeshi ist ja eigentlich nur in Bochum bekannt?

S Ich koche seit 18 Jahren, da habe ich sehr viele Menschen aus der Branche kennengelernt. Die Stembergs kennen wir auch, die sind doch auch in deiner Nähe. Das Takeshi hat uns ein ehemaliger Koch meines Mannes empfohlen, der jetzt in Hattingen kocht. Leider hatte das Takeshi Ruhetag, als wir in Bochum waren. Mein Zahnarzt ist in Bochum. Er ist Stammgast im Yoso.

M Gibt es berühmte Zahnärzte in Bochum? Ich kenne nur einen berühmten Bochumer Kniespezialisten, der häufig die Knie der Profifussballer zusammenflickt.

S Damit habe zum Glück ich keine Probleme. Ich bin nicht so sportlich. Ich bin als Kind eher musisch erzogen worden, da habe ich vom Sport nicht so viel mitbekommen.

M Fussball ist ein Riesending in Korea.

S Bestimmt. Ich glaube, dass die Leistungsbezogenheit dort größer ist als in Deutschland. Es geht auch in der Erziehung sehr streng zu. Der Stellenwert deiner Familie wächst mit dem Bildungsstand der Kinder. Die Selbstmordrate unter Schülern ist in Korea eine der höchsten der Welt.  

M Bist du froh, dass du “deutsch“ aufgewachsen bist?

S Schon, ich denke aber, dass die jungen Menschen in Deutschland etwas mehr Disziplin lernen müssten. Ich glaube, wenn man erfolgreich sein will, braucht man Selbstdisziplin und die muss man den anderen Menschen vorleben. Sonst funktionieren Teams nicht.

M Nutzt du den neuen Lockdown um Dinge zu entwickeln?

S Ja klar, wir überlegen jetzt in aller Ruhe, was wir nach der Öffnung auf die Karten nehmen. Es wird sicher Winter sein und mit den Jahreszeiten wechseln wir die Produkte.

M Wie entwickelst du ein Gericht, ich meine so rein technisch?

S Das mache ich ziemlich theoretisch, in meinem Kopf. Ich habe ja viel Erfahrung und weiß wie Produkte verarbeitet werden und was mit was zusammenpasst. Dazu füge ich dann mein Aromenspiel, das natürlich asiatisch ist. Das klappt zumeist ganz gut, aber wir kochen es natürlich zur Probe und richten es an. Manchmal verändern wir dann noch Kleinigkeiten vor allem beim Anrichten, dass es schöner aussieht.  Wir sagen nur sehr selten, das war nichts, das machen wir gar nicht.

M Woher kommt Inspiration?

S Mich inspirieren meine Reisen,  die Dinge die ich dabei sehe und probiere. Manchmal inspirieren mich Gerichte, die ich schon mal auf der Karte hatte. Ich verändere etwas und komme so zu etwas Neuem.

M Klaut man manchmal bei KollegInnen? Oder klaut man in der traditionellen Küche? Wobei klauen natürlich ein falsches Wort ist.

S Klar, manchmal kommen Ideen, wenn man irgendwo etwas sieht, und wenn es nur ein Foto ist. Oder wenn man etwas Tolles gegessen hat, überlegt man ob, man es für seine Küche abwandeln könnte. Ich setze aber niemals Ideen meiner Kollegen eins zu eins um.

M In der Fotografie mache ich das ähnlich, ich schaue sehr viel an, Filme, Fotos, Theater. Ich fülle sozusagen meine inneren Tanks mit Eindrücken. Was dann irgendwann überläuft, das ist meine Kreativität. Gibt es Trends in der Gastronomie, die du aufnehmen musst?

S Klar gibt es Trends, wir hatten schon so viele. Fermentieren war das letzte große Ding. Wir sind aber sehr eigenständig, in dem was wir machen. Ich hoffe, es ist eher so, dass wir mit unserer Küche einen Trend setzen, als dass wir einem hinterherlaufen müssen.

Vielen Dank an Gabriele Kloppert fürs Make-up: http://www.style-makeup.de

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