Wolfgang Wendland Rauchen Bochum Filmedrehen

Wolfgang Wendland

Wolfgang Wendland, Sänger der Punkband „Die Kassierer“, Satiriker, Kommunalpolitiker und ehemaliger Oberbürgermeisterkandidat stellt sich ins Licht vor den Hintergrund und zündet sich eine Zigarette an.

M   Die meisten Menschen rauchen nicht mehr auf Fotos.

W  Mir ist das egal. In solchen Situationen rauche ich aus Protest. Ich bin der Meinung, Leute in meinem Alter müssten auch in Kneipen rauchen dürfen. Sozusagen als Bestandsschutz. Jemand der mit Zigarettenwerbung in Fernsehen und Zeitungen groß geworden ist, dem kann man nicht später einfach das Rauchen in der Kneipe verbieten. Damals war es ja staatlich überall erlaubt zu rauchen, und es wurde auch überall geraucht. Auch im Fernsehen, im Internationalen Frühschoppen.  So bin ich aufgewachsen. Menschen die bis Anfang der Achtziger geboren sind, müssten überall rauchen dürfen.

M  Der Letzte der überall rauchen durfte, war Helmut Schmidt.

W   Die Frage ist doch, reicht ein Einzelner, der mit Rauchen alt wird aus, um die These wer raucht stirbt früher, zu destruieren ?

M   Aber da gibt es doch Statistiken, ich würde sagen, dass aus gesundheitlicher Sicht nichts für das Rauchen spricht.

W   Das stimmt, aber auf jeden Fall wird man durch Nichtrauchen nicht unsterblich. Man muss sich mal vorstellen, was passieren würde, wenn amerikanische Wissenschaftler herausbekämen, dass man, wenn man viel lacht früher stirbt. Oder wenn man singt. Das Thema ist ja bei Hoffmanns Erzählungen schon thematisiert, diese Frau, die stirbt, wenn sie singt.

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M  Es scheint doch eher das Gegenteil zu stimmen, wer viel lacht lebt gesünder.

W  Nee, nee, der stirbt gesünder…. (lacht) Ich finde halt diese Bevormundung scheiße. Das ganze Setting, wie man das Rauchen verbietet, stammt ja aus dem dritten Reich. Das Nichtrauchen haben die Nazis erfunden. Es gibt ein Buch, das heißt „Blitzkrieg gegen den Krebs“  (Anm. Robert Proctor, 1999) Es ist interessant, die Nazis haben das Nichtraucherabteil eingeführt. Sie planten sogar, den Soldaten der Wehrmacht das Rauchen zu verbieten. Damit wollten sie dann aber doch lieber bis zum Endsieg warten. Dabei ging es natürlich nie um die Gesundheit des Einzelnen, sondern um die des „Volkskörpers“. Insofern finde ich auch diese Rechenbeispiele, was Rauchen die Krankenkassen kostet bedenklich. Man muss das gegen die Rente rechnen. Ich werde eher sterben und die Rentenkasse weniger belasten. Wahrscheinlich ist ein Raucher insgesamt sogar billiger als ein Nichtraucher. Das Passivrauchen ist, meiner Meinung nach eine Hilfskonstruktion um das Rauchen zu verbieten. Der Arbeitsschutz ist doch als Begründung für das Rauchverbot vorgeschoben. Laut Kellnergewerkschaft ist nie einem Kellner wegen Lungenkrebs eine Erwerbsunfähigkeitsrente zugesprochen worden.

M  Aber ein Nichtraucher, der es nicht mag nach Rauch zu riechen, kann sich nicht entscheiden nicht nach Rauch zu riechen, wenn in allen Kneipen geraucht wird.

W   Mich stört das generelle Rauchverbot. Nichtraucher können gerne eigene Nichtraucherkneipen aufmachen. Das Rauchverbot führt dazu, dass es keine Kneipen mehr gibt. Schau Dich doch mal in Wattenscheid um. Ich bin für eine Regelung wie in Berlin. Rauchkneipen ab 18, meinetwegen ohne Essen. Die Regelung hier in NRW mit den Raucherbereichen war schon zu hart, aber sie war Konsens. Und dann kommen SPD und Grüne und verbieten es generell. Dein Freund Thomas Eiskirch war übrigens dabei.

Anm. Thomas Eiskirch ist der Oberbürgermeister Bochums. Wolfgang Wendland war ebenfalls Kandidat bei der Wahl 2015 und schnitt mit 7,92 % der Stimmen sehr beachtlich ab.

M   Ich habe ein paarmal seine Kampagnen fotografiert. Ich finde übrigens, dass er seinen Job gut macht.

W. Er hat die gleichen Qualitäten wie die frühe Merkel. Man bemerkt ihn nicht. Der Schröder ist einem ja von Anfang an auf die Nerven gefallen. Schlechte Nachrichten über Eiskirch gibt es nicht, aber ob er wirklich etwas tut, weiß ich nicht. Es geht so weiter wie bisher.

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M Ist das denn so schlimm ?

W. Eine Stadt wird nicht besser, wenn man sie schönredet. Dieser Slogan „Hotspot der Livekultur“ – das ist doch Blödsinn. Alle diese Leute, die sich hier um Musik kümmern haben doch schon vor 30 Jahren angefangen. Die sind ja so alt wie ich. Ich habe nicht das Gefühl, dass sich etwas erneuert und das wäre dringend erforderlich. Selbst Urbanatix (Anm. Eine Streetartshow mit Tanz und Artistik ) ist doch eigentlich ein uraltes Varietékonzept. Ich habe mal auf der Kirmes ein Karussell gefilmt, das hieß „Hiphop“. In den Fünfzigern hätte dasselbe Ding „Rock n Roll“ geheißen.

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Bei Bochum total ist vor einigen Jahren K.I.Z aufgetreten, da gab es einen großen Polizeieinsatz. Darüber haben sich die Veranstalter gewundert. Die wussten anscheinend nicht, wie groß diese Band zu dem Zeitpunkt war. Es gibt immer wieder musikalische Bewegungen, die völlig an Bochum vorbeigehen und das ist ja auch für eine Provinzstadt nicht schlimm, aber dann damit Reklame für die Stadt zu machen –  ich weiß nicht.

M  Aber man muss doch bestimmte Dinge hervorheben im Marketing.

W. Ja schon, aber es passiert leicht, dass man auf sein eigenes Marketing reinfällt. Ich habe den Eindruck, die glauben ihre Botschaften schon selbst.  Dieses  „Alles-so-wie-immer-machen“ hat mich als Kind schon genervt. Beim Veranstaltungskomitee des evangelischen Pfarrfestes hieß es immer: „Ich habe ein tolle Idee, wir machen eine Bude, da stellen wir Dosen aufeinander und dann kann man mit Bällen diese Dosen umwerfen“. Und dann sagt ein anderer: „ Das ist ja eine tolle Idee, das haben wir im letzten Jahr auch gemacht“.  Genauso funktioniert die Kultur in Bochum.

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Das Problem ist, dass junge Bands praktisch keine Auftrittsmöglichkeiten haben.Ich bin enttäuscht von Bochum, Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger war Bochum viel kultureller. Ich hasse Grönemeyer, aber Stars wie er, sind in dieser besonderen Zeit entstanden und dass Leute so groß werden ist jetzt in Bochum nicht mehr möglich.

M. Ihr habt gerade, was Zuschauerzahlen angeht eure beste Zeit ….

W. Stimmt unsere Konzerte werden immer größer. Inzwischen kommt der gesellschaftliche Durchschnitt zu unseren Konzerten. Eigentlich ein Loriot-Publikum. Ich lade manchmal Facebook-Freunde, die ich nicht kenne Backstage zu Konzerten ein. Das ist spannend, da waren schon VW-Arbeiter und Philosophieprofessoren dabei.

M. Ich habe Fußballprofis auf euren Konzerten getroffen.

W. In der Zeche hat es mal ein ehemaliger Spieler von Wattenscheid Backstage geschafft. Ich glaube, der war beleidigt, dass ich ihn nicht kannte.

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W. Wir leben in merkwürdigen Zeiten. Es gibt kulturell wenig Neues. Oder es ist so versteckt, dass man es nicht findet. Denn eigentlich sind Vertriebswege im Internet ja da. Jetzt, wo die Hürden weg sind, will niemand mehr loslaufen. Mit dem Geld, das man in den Siebzigern für eine Super 8 Kamera ausgeben musste kann man heute Equipment kaufen, mit dem man einen Film machen kann, der technisch im Kino zeigbar ist. Mit einer Super 8 hatte man früher quasi das Monopol auf das bewegte Bild. Heute hat jeder, der sich interessiert die Ausrüstung und macht irgendwas. Zumeist sehr Austauschbares. Die Kreativität ist abhanden gekommen. Vielleicht fehlt heute die Langeweile. Früher war einem oft langweilig. Und wenn du etwas zu sagen hattest und eine gewisse pubertäre Haltung zu den Dingen hattest, hast du eine Punkband gegründet.  Heute machst Du Punkmusik, weil es eine von vielen Musikrichtungen ist.  Die Texte, die du dir ausdenkst handeln dann meistens vom veganen Leben in einer friedlichen Welt. Es gibt viel zu viel Veganismus im Punk. (lacht)

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Auf der anderen Seite ist Kreativsein  ja völlig in Mode gekommen. Sonst gäbe es ja diese SAE-Schulen, die Deutsche Popakademie und diesen ganzen Quatsch nicht. Ich glaube, dass die Leute das heute nur aus Eitelkeit machen und nicht mehr diesen unmittelbaren Drang „ Ich will Kunst machen “ haben.  Ich würde auch Filme machen, selbst wenn es ein äußerst schlecht bezahlter Beruf wäre und wenig gesellschaftliche Anerkennung hätte.

M. Siehst Du Dich als Filmemacher ?

W. Ich sehe mich als Filmemacher, der keine Filme machen kann. Ich würde sagen, auch Kulturförderung kann Zensur sein. Früher habe ich oft Filmförderung beantragt, inzwischen bin ich darüber weg, Filme machen zu wollen. Es reicht, wenn ich mir Filme ausdenke. Ich habe ja die Vorstellung, wie er fertig wäre. Alles andere wäre überflüssige Arbeit.

M. Der neueste nicht gedrehte Film ?

W. Mein neuer Film heißt „Othella“ und ist politisch absolut unkorrekt. Die Geschichte ist, dass es einer muslimischen Schauspielerin, die Burka trägt, vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gelingt, einzuklagen, dass sie im Zuge des Gender-Mainstreamings den Othello spielen darf. Rechtlich ist das natürlich korrekt, aber künstlerisch doch sehr eingeschränkt. Sie trägt Burka auf der Bühne. Am Ende wird die Aufführung von Demonstranten verhindert, wegen Blackfacing unter der Burka. (lacht)

M. Mach doch einen Opernfilm daraus.

W. Gute Idee.

Ein Gedanke zu “Wolfgang Wendland Rauchen Bochum Filmedrehen

  1. Obwohl ich Nichtraucher bin: Recht hat er. Die persönliche Freiheit sollte über der Zwangsfürsorge des Staats stehen. Wer münndig und erwachsen ist, muss auch das Recht haben sich selbst zu schaden!

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